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Immobilienkauf: Was Häuser wirk­lich wert sind

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Der Immobilienmarkt boomt. Vor allem in Groß­städten kosten Häuser und Wohnungen deutlich mehr als noch vor einigen Jahren. Anderswo können Eigentümer dagegen froh sein, wenn ihr Häuschen nicht an Wert verliert. Die Finanztest-Experten erklären, wo Käufer und Verkäufer Hilfe finden, welche Verfahren zur Wert­ermitt­lung es gibt, und was der Unterschied zwischen Sach­wert, Vergleichs­wert und Ertrags­wert ist.

Die Augen der Kauf­interes­sentin leuchten schon vor dem Eingang des denkmal­geschützten Jugend­stilaltbaus in Berlin. Sie ist entzückt von den geschwungenen Verzierungen an der Fassade. In der Wohnung schreitet sie durch groß­zügige Räume mit Doppelflügeltüren und Stuck­decken und bewundert den pittoresken Neorenaissance-Kamin. Ralph Hohberg folgt seiner Kundin über die alten Holz­dielen. Bei jedem Schritt klirrt das Geschirr im Regal. Das Abfluss­rohr gurgelt laut. Im Keller entdeckt der Bausach­verständige feuchte Flecken. Der Immobilien-Kauf­berater bremst seine Kundin: „Die Wohnung muss saniert werden. Daher ist der Kauf­preis viel zu hoch!“ Hohberg erlebt oft, dass Käufer Mängel nicht entdecken und Verkäufer den Wert ihrer Häuser und Wohnungen über­schätzen. Das kann beide Seiten teuer zu stehen kommen. Treten Verkäufer mit unrealistischen Preis­vorstel­lungen auf, laufen sie Gefahr, keinen Käufer zu finden. Sind Kauf­interes­senten bereit, Mond­preise zu zahlen, verlangen Banken höhere Zinsen oder Sicherheiten oder lehnen das Vorhaben ganz ab. Was eine Immobilie wert ist, spielt auch bei Scheidungen oder Erbschaften eine Rolle – oder bei der eigenen Finanz­planung.

Tipp: Das Spezial ­Immobilien enthält einen Gutschein für die Bewertung einer Immobilie über die Daten­bank des Verbandes deutscher Pfand­brief­banken. Sie ist sonst den Mitglieds­banken vorbehalten und basiert auf realen Kauf­preisen. Der Gutschein ist gültig bis zum 28. Februar 2014. Außerdem informiert das Spezial­heft über Preise und Mieten in 100 Städten und Kreisen. In ausführ­lichen Porträts werden 13 Groß- und Universitäts­städte vorgestellt. Das gedruckte Heft ist für 10 Euro im test.de-Shop erhältlich (und natürlich auch an jedem gut sortierten Kiosk). Als PDF kostet das Sonder­heft nur 8 Euro.

Drei Verfahren zur Wert­ermitt­lung

Der Markt­wert, auch Verkehrs­wert genannt, spielt dabei eine zentrale Rolle. Das ist der Preis, der gewöhnlich und ziemlich sicher zu erzielen wäre. Für seine Ermitt­lung hat der Gesetz­geber drei Verfahren fest­gelegt. Sie ergeben den Sach­wert, den Vergleichs­wert oder den Ertrags­wert. Die Ergeb­nisse können voneinander abweichen. Welches Verfahren angewendet wird, hängt von der Art und Nutzung einer Immobilie ab. Sach­verständige betrachten oft mehrere Ansätze, gewichten aber einen besonders hoch. Wie gut die baulichen Anlagen in Schuss sind und wie viel ein Neubau kosten würde, beur­teilen die Experten beim Sach­wert­verfahren. Hinzu kommt der Boden­wert und gegebenenfalls ein Markt­anpassungs­faktor. Das ist ein Abschlag oder Zuschlag, der die aktuelle Markt­lage einbezieht. Dieses Verfahren wird vor allem bei Ein- und Zweifamilienhäusern angewendet, weil es oft wenige wirk­lich vergleich­bare Häuser auf dem Markt gibt.

Vergleich mit anderen Objekten

Bei Eigentums­wohnungen steht dagegen der Vergleichs­wert im Vordergrund. Bei diesem Verfahren wird betrachtet, welche Preise Immobilien ähnlicher Art erzielt haben. Solche Zahlen haben die Gutachter­ausschüsse. Sie sammeln die Kauf­preise in ihrem Gebiet. Hat jemand ein berechtigtes Interesse, etwa weil ein Eigentümer verkaufen will, geben sie in anonymisierter Form Einblick oder erteilen gebühren­pflichtige Auskünfte. In München etwa kosten bis zu acht Vergleichs­preise 250 Euro, in Brandenburg bis zu fünf Angaben 75 Euro.

Aus den Kauf­preisen ermitteln die Gutachter Boden­richt­werte, die das Niveau für die Grundstücks­preise in einem Gebiet widerspiegeln. Das ist zum Beispiel hilf­reich, um abzu­schätzen, wie viel ein Haus­verkäufer jeweils für Grund­stück und Gebäude ansetzt. Auskünfte über die Boden­richt­werte kosten nicht viel. In Brandenburg fallen zum Beispiel nur mindestens 13 Euro an. Mündliche Auskünfte sind oft gebührenfrei.

Höhe der Miete spielt eine Rolle

Bei Miets­häusern und Gewerbeimmobilien rechnen Experten den Ertrags­wert aus. Das ist der heutige Wert aller zukünftigen Über­schüsse aus der Vermietung. Das einfachere Kauf­preis-Miete-Verhältnis ist bei vermieteten Eigentums­wohnungen und Ein- und Zweifamilienhäusern gebräuchlich, um zu beur­teilen, ob der Kauf­preis in einer angemessenen Beziehung zu den Mieten steht. Dabei wird der Kauf­preis durch die Nettokaltmiete pro Jahr geteilt. Je höher das Ergebnis ausfällt, desto teurer ist die Immobilie im Verhältnis zur Miete.

Früher galten Werte von bis zu 15 als angemessen. Nur in Metro­polen wie München war schon früher kaum ein Objekt unter 20 zu haben. Durch den Boom der vergangenen Jahre haben sich die Relationen verschoben. Unter 20 findet sich in vielen aussichts­reichen Groß­städten kaum eine Wohnung oder ein Haus.

Der Kehr­wert ist die Miet­rendite. Bei 20 wären das zum Beispiel fünf Prozent. Wer weiß, welche Miet­renditen und Kauf-Miete-Verhält­nisse an einem Stand­ort üblich sind und die Miethöhe kennt, kann umge­kehrt berechnen, wie viel sich für eine vermietete Immobilie erzielen ließe.

Internetportale bieten Bewertung an

Hilfe bei der Ermitt­lung der Verkehrs­werte bieten mehrere Immobilienportale an. Das ist jedoch nicht so einfach, wie es klingt. Denn Laien vertun sich leicht, wenn sie etwa eingeben sollen, ob die Ausstattung „durch­schnitt­lich“ oder „gehoben“ ist. Außerdem kann ein solches Verfahren Besonderheiten nicht erfassen, die Zuschläge oder Abschläge recht­fertigen. Das könnte etwa eine wunder­bare unver­baubare Aussicht sein oder ein sehr eigenwil­liger Grund­riss, der ein Gebäude für andere schwer nutz­bar macht. Das gilt auch für die Vergleichs­preise und Boden­richt­werte der Gutachter­ausschüsse.

Die Interes­sentin für die Jugend­stil­wohnung in Berlin hätte etwa mit diesen Informationen den Sanierungs­bedarf in sechs­stel­liger Höhe nicht erkannt. Dafür müssen Sach­verständige vor Ort sein.

Selbst bei ihnen gibt es aber Interpretations­spielräume. Gutachter kommen daher bei einer Immobilie oft zu unterschiedlichen Ergeb­nissen. Das gilt auch für die Onlineportale, denn sie nutzen unterschiedliche Daten­quellen.

Allerdings kann die beste Wert­ermitt­lung manchmal auf dem Weg zum Traum­objekt nichts nützen. Kauf­berater Hohberg besichtigte etwa an einem Freitag ein Haus am Stadt­rand Berlins mit einem Kunden. „Der Preis ist angemessen“, beschied ihm Hohberg. Am folgenden Montag sagte der Kunde zu – zu spät: Übers Wochen­ende hatten andere Interes­senten deutlich mehr als den geforderten Preis geboten. Denn in Boom­zeiten sind viele Käufer bereit, mehr als den Verkehrs­wert zu zahlen.

 
Artikel-Quelle:
www.test.de/Immobilienkauf-Was-Haeuser-wirklich-wert-sind-4619382-0


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